Hämorrhagische Diathese | SYNLAB Leistungsverzeichnis
Humanmedizin

Hämorrhagische Diathese

Allgemeines

Unter einer hämorrhagischen Diathese versteht man eine krankhaft gesteigerte Blutungsneigung. Sie ist eine spezifische Form der Diathese. Symptome einer hämorrhagischen Diathese kann jede abnormale Blutung sein wie z. B. eine verlängerte Blutungszeit (> 6 Min.), Blutergüsse (Hämatome) ohne Gewalteinwirkung oder nach Bagatellverletzungen, Zahnfleischbluten und Blutungen im Verdauungstrakt oder in die Gelenke.
 

Basisdiagnostik:
Parameter Folgeuntersuchungen Erkrankung
Quick Faktoren II, V, VII, X  
PTT Faktoren II, V, VIII, IX, X, XI, XII Koagulopathie
Thrombozyten Freie und gebundene Thrombozyten-Ak Thrombozytopenie, -pathie
Faktor VIII   Koagulopathie, Hämophilie A
Faktor IX   Koagulopathie, Hämophilie B
Faktor XIII    Koagulopathie
Fibrinogen  Faktor I  DIC, Hyperfibrinolyse

von-Willebrand-Diagnostik, Hämophilie A:
Faktor VIII:
vW-Antigen
assoziiertes Antigen
Ristocetin-Cofaktor
Multimer-Analyse (Bestätigungstest)  

 
Einteilung der hämorrhagischen Diathesen:

Koagulopathien
erworben   
 

Verbrauchskoagulopathie, DIC, Hyperfibrinolyse: Intravasale Aktivierung

Geburtshilfliche Komplikationen wie Abruptio placentae, Fruchtwasserembolie, septischer Abort, intrauteriner Fruchttod, Eklampsie, postpartales hämolytisch-urämisches Syndrom;
Infektionskrankheiten: Röteln, Mononukleose, Meningoenzephalitis, gramnegative Septikämien, Malaria tropica;
Malignome und Hämoblastosen;
Hypoxie und Perfusionsstörungen: verschiedene Formen des Schocks, Herzstillstand;
Gewebeverletzungen: Polytraumen, Verbrennungen, Fettembolie, Schädel-Hirn-Traumen;
Operative Eingriffe an Pankreas, Lunge oder Prostata;
akute und chronische Lebererkrankungen

 

Hyperfibrinolyse

Auslösung einer primären Hyperfibrinolyse durch Freisetzung von Plasminogenaktivatoren aus Lunge, Prostata (z.B. Operationen an diesen Organen);
Kompensatorische oder sekundäre Hyperfibrinolyse im Anschluss an einen intravaskulären Gerinnungsprozess

 

Bei Vitamin-K-Mangel, Leberparenchymerkrankungen

Verminderung des Quick-Wertes und Verlängerung der Thromboplastinzeit bzw. Partialthromboplastinzeit, oft zusätzlich Thrombozytopenie;

hereditär  
 

Bluterkrankheit (Hämophilie A und Hämophilie B)

X-chromosomal rezessiv vererbt (Männer erkranken manifest, Frauen nur als Überträgerin), vereinzelt homozygote Hämophile bekannt, reduzierte biologische Aktivität des Blutgerinnungsfaktors VIII (Hämophilie A) oder IX (Hämophilie B)

 

Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom

Verminderung der Aktivität des großen Proteinanteils des Faktor VIII-Komplexes (Willebrand-Faktor). Dadurch Thrombozytenadhäsion an Endothel verletzter Gefäße gestört.

 

Thrombozytopenien

hereditär

Thrombasthenie Glanzmann-Naegeli,
Thrombozytopathie Bernard-Soulier

Fehlen bestimmter Glykoproteine der Plättchenmembran. Riesenplättchen und basophile Einschlüsse (Doehle) in Leukozyten, oft Zufallsbefund;

Bildungs-störungen

Reversible Thrombozytopenie

Reversible Thrombozytopenien durch Hemmung der Megakaryopoese können aufgrund maligner Erkrankungen mit Knochenmarkinfiltration, verschiedener Virusinfektionen (Influenza, Röteln, infektiöse Mononukleose, Masern), aber auch nach Impfungen mit attenuiertem Lebendimpfstoff (Masern), im Rahmen megaloblastärer Störungen (Vitamin-B12 und/oder Folsäuremangel) und durch Medikamente (Thiazid, Diuretka, Östrogene und alle knochenmarktoxischen Zytostatika) bedingt sein.
Oft bei chronischem Alkoholabusus, oft zusätzlich Folsäuremangel, reversibel bei Alkoholabstinenz.

Kongenital

Alloimmun-thrombozytopenie

Mutter bildet gegen ihr fremde, vom Vater ererbte, thrombozytäre Antigene IgG-Antikörper. Zeitlich limitiert: innerhalb von 2-12 Wochen steigen die kindlichen Thrombozyten auf Normwerte an

immuno-
logisch

ITP, idopathische thrombozytopenische Purpura, M. Werlhof

Thrombozytenzahl, plasmatische Gerinnungparameter, Blutungszeit und Rumpel-Leede-Test sind unauffällig;

medika-
mentös

Chinin und Chinidin, Heparin, Sulfonamide, Paraaminosalizylsäure (PAS), Rifampicin, Isoniazid, Cefalotin, Digitoxin;

nicht-
immunologisch

im Rahmen einer intravaskulären Gerinnungsstörung, z.B. bei
Sepsis, malignen Erkrankungen, vorzeitiger Plazentalösung, Fruchtwasserembolie, Operationen an Prostata und Lunge, sowie intravasalen Hämolysen;

Heparin-
induziert

bei einer Heparintherapie von länger als 10 Tagen tritt häufig ein Thrombozytenabfall. Pathogenese unklar, nach Absetzen des Heparins normalisiert sich die Thrombzytenzahl innerhalb von einer Woche, HIPA-Test empfohlen;

Hyper-
splenismus

gesteigertete Filter- und Speicherfunktion der Milz durch Hyperplasie der roten Pulpa. Neben Thrombozytopenie meist auch Anämie und Granulozytopenie. Als Folge zeigt das Knochenmark eine reaktive Hyperplasie;

Pseudo-
thrombo-
zytopenien
Aggregat-, bzw. Agglutinatbildung durch Blutabnahmetechnik, durch EDTA-abhängige Agglutinine (0,09-1,9%, z.B. bei Kälteagglutininen) oder Satelitten-(Rosetten-) Bildung zwischen neutrophilen Granulozyten und Thrombozyten, die maschinell nicht mitgezählt werden.

 

Thrombozytopathien

erworben

Lebererkrankungen, Urämie, Paraproteinämie, schweren Dysproteinämien und bei Vitamin-C-Mangel;

medika-
mentös
  

Acetylsalicylsäure, Sulfinpyrazon, Phenylbutazon, halbsynthetische Penicilline und Cephalosporine, Dextran, Dipyridamol, Phenothiazine, Aminophyllin, Antihistaminika;

 

Vasopathien

hereditär

M. Osler: autosomal dominante Gefäßstrukturstörung mit lokalisierter Dilatation und Konvolutbildung von Venolen und Kapillaren. Prädilektionsstellen: Nasenschleimhaut, Lippe, Gingiva, Zunge, Gaumen, Fingerkuppen;

erworben

Vaskulär allergische Purpura, Purpura senilis, Amyloidose, M. Cushing, Langzeitbehandlung mit Corticosteroiden;

Inhibitoren

Erworbene Hemmkörper gegen Faktor VIII, IX durch Bluttransfusionen, Plasmakonzentrate, Lupus erythematodes, Folge: Transfusionen von Plasma wirkungslos.