Allgemeines
Die Familie Polyomaviridae umfasst unbehüllte DNA-Viren, die bei verschiedenen Wirbeltieren (Säugetiere, Nagetiere und Vögel) und beim Menschen zu persistierenden Infektionen führen. Die zu dieser Gattung gehörenden BK- und JC-Viren, die mittlerweile auch als Polyomavirus hominis Typ 1 und 2 bezeichnet werden. In der Normalbevölkerung können Antikörper gegen BK-Virus zu 100 % und gegen JC-Virus zu etwa 80 % nachgewiesen werden. Der Primärkontakt mit den etablierten Polyomaviren führt zu einer lebenslang persistierenden Infektion, die in gesunden Personen asymptomatisch verläuft.
Als Organe der Persistenz beider Viren können heute der Urogenitaltrakt, das ZNS, der Verdauungstrakt sowie Zellen des hämatopoetischen Systems angesehen werden, wobei eine enge Assoziation von JCV mit dem ZNS und von BKV mit dem Urogenitalsystem besteht. Nur unter Einschränkung der Immunkompetenz (z. B. Schwangerschaften sowie inflammatorische und proliferative Erkrankungen) kann es transient zur Vermehrung in den Zielorganen der Persistenz kommen. Eine lang andauernde Einschränkung der zellulären Immunitätslage durch eine entsprechende Basiserkrankung oder therapeutische Maßnahmen muss als Hauptrisikofaktor für die Erkrankung angesehen werden.
Die Polyomavirus hominis Typ 1-Infektion (BKV) gehört zu den häufigen Infektionen im Kindesalter. Etwa 70% der Bevölkerung hatten im Laufe ihres Lebens Kontakt mit diesem Virus mit nachweisbaren Antikörpern nach einer durchgemachten Infektion. Allerdings bleibt die Infektion oft asymptomatisch. Unter den Bedingungen der Immunsuppression nach einer Nierentransplantation kann eine Infektion mit Polyomavirus reaktviert werden mit messbarer Virusvermehrung. Die Krankheit kann typischerweise in zwei Formen für einen transplantierten Patienten symptomatisch werden: als BK-Virus Nephropathie (PVAN, Polyoma-Virus assoziierte Nierenerkrankung) und als hämorrhagische Cystitis (HC, auch als späte Komplikation nach hämatopoetischen Zelltransplantation).
Diagnose der PVAN: Die PVAN, die häufig erst bei einer Nierenbiopsie festgestellt wird, ist bereits eine Spätfolge der BKV-Infektion. Daher wird neuerdings ein Screening der BKV-Replikation empfohlen, um Patienten mit einem erhöhten Risiko zu identifizieren. Der Nachweis viraler DNA mittels PCR und von BKV-infizierten Decoy-Zellen in Serum oder Urin stellen nicht invasive Methoden dar, frühe Formen der PVAN zu diagnostizieren. Hierbei muss bedacht werden, dass die BKV-Exkretion auch im Zusammenhang mit Toxizität und Abstoßung beobachtet wird.
Diagnose der BKV-assoziierten HC: Der Nachweis von BKV durch PCR oder Virusisolierung aus Urin zeigt die Beteiligung von BKV am Krankheitsgeschehen.
Das Polyomavirus hominis Typ 2 (JCV) führt bei zellulär Immunsupprimierten (AIDS Stadium C3) zur progressiv multifokalen Leukoenzephalopathie (PML). Die PML verläuft fast immer tödlich.
Diagnose der PML: Im Verdachtsfall sollte neben der unabdingbaren neurologischen Untersuchung eine MRT des ZNS sowie die Liquordiagnostik unter Einschluss einer virusspezifischer PCR durchgeführt und in unklaren Fällen ggf. sogar eine Hirnbiopsie erwogen werden. Als Hinweis auf eine Erholung wird das Verschwinden des Erregers aus dem Liquor gewertet.