Allgemeines
Da Nierenerkrankungen über Jahre klinisch symptomlos verlaufen können, gehören Untersuchungen auf eine mögliche Proteinurie zu einem sinnvollen Screening. Wichtige Bedeutung der Proteinurie-Diagnostik besteht zudem in der Verlaufsbeobachtung und Prognostik von Nierenerkrankungen, z. B. bei Diabetes mellitus und Hypertonus, sowie in der Diagnostik prä- oder postrenaler Proteinurien.
Leitsymptom bei Nierenerkrankungen ist die vermehrte Ausscheidung von Gesamt-Eiweiß oder Albumin im Urin. Die in der üblichen Routine verwendeten Teststreifen reagieren erst ab einer Eiweißausscheidung von 200-300 mg/l, vornehmlich auf Albumin. Weitere Proteine werden mit verminderter Sensitivität oder gar nicht erfasst. Ein alleiniges Screening durch Teststreifen ist somit nicht ausreichend, darüber hinaus existieren eine Reihe von Störfaktoren (z. B. Medikamente, Vitamin C u. a.).
Die Differenzierung der Proteinurie wird durch die unterschiedlichen Molekülmassen der Markerproteine möglich. Kleine Proteine passieren das Glomerulum und werden tubulär reabsorbiert.
Bei einem tubulären Schaden ist diese Rückresorption eingeschränkt und deshalb wird alpha1-Mikroglobulin (32 kD) vermehrt ausgeschieden, während die größeren Moleküle Albumin (67 kD) und IgG (150 kD) vom intakten Glomerulum weitgehend zurückgehalten werden.
Der glomeruläre Schaden imponiert mit der vermehrten Ausscheidung der großen Moleküle.
Die selektiv glomeruläre Proteinurie ist durch eine Albuminvermehrung definiert; bei der unselektiv glomerulären Proteinurie ist der Schaden fortgeschritten und zusätzlich ist IgG im Urin erhöht. Tubuläre und glomeruläre Proteinurie zählen zu den renalen Proteinurien.
Die prärenale Proteinurie wird durch ein Überangebot an glomerulär frei filtrierbaren niedermolekularen Proteinen im Plasma verursacht (z. B. Bence-Jones-Proteinurie, Hämolyse), es fällt erhöhtes Gesamteiweiß im Urin bei unauffälligen Markerproteinen auf. Bei Frage nach Bence-Jones-Proteinurie ist die Immunfixation im Urin notwendig. Paralleles Screening auf Leukozytenausscheidung oder Blut kann einen Hinweis auf postrenale Proteinurie, z. B. bei Entzündung oder Blutung geben.